Von A nach B, von B nach C, von Familie zu Familie, von Stadt zu Stadt, einmal durch Japan

Wer sein Ziel kennt, findet seinen Weg. [Laotse]

Sonntag, 30. August 2015

Geschichtenzeit

Sa.   29.8.2015

Heute war ein schwieriger Tag. Mir ging es persönlich nicht gut und ich war froh, dass die Familie von heute Mittag bis morgen Nachmittag nicht da sein wird, so dass ich mich ganz auf mich und meine kleinen oder großen Probleme konzentrieren konnte. 
Um den Kopf frei zu bekommen, startete ich am Nachmittag eine kleine Erkundungstour. Am besten verpacke ich das in eine Geschichte, damit ihr euch das ordentlich vorstellen könnt. 

Der Wind schlich leise durch die Straßen eines kleinen Ortes an der Bucht von Tokyo. Es war nur das Kreischen der Graureiher und das Schreien der Seeadler zu vernehmen. Ich saß in meinem Zimmer und lauschte den Geräuschen. Das Gefühl, dass sie mich riefen, wurde mit jeder Sekunde stärker, also raffte ich mich auf, zog mir Jacke und Schuhe an und verließ das kleine Ryokan in der Nähe des Hafens. Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, sah ich zu dem Berg in der Nähe hinauf. 

Sollte ich ihn erklimmen? Gab es einen Weg auf die Spitze? Die Fragen wurden zu einer Herausforderung an mich selbst und ich beschloss es herauszufinden. Den Berg konnte man über eine kleine Brücke erreichen. 


Nachdem ich sie überquert hatte, bot sich mir ein Anblick von so unberührter Natur, dass mir fast der Atem versagte. Ich stand an einer Weggabelung. Nach rechts ging es Richtung Meer und nach links in einen ungewissen Blätterwald. Mich nach rechts drehend, ließ ich den Blick schweifen und entdeckte hinter einem Busch ein kleines Häuschen. Bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass es sich um einen kleinen Schrein handelte. 



Nachdem ich ihn und die nahen Klippen betrachtet hatte, beschloss ich auch noch in die andere Richtung zu gehen. Was mich dort wohl erwartete? 
Der Weg war schmal, unwegsam und an manchen Stellen fast zugewachsen. Durch das dichte Blätterwerk war es schummrig und das Schreien der Seevögel verlieh dem ganzen eine unheimlich gruselige Atmosphäre. Langsam aber sicher wurde es immer heller und schon bald trat ich aus dem Wald. Der Anblick welcher sich mir bot, verschlug mir schon wieder die Sprache. Ich stand an einem Hang voller buddhistischer Gräber. Dieser Ort hatte eine enorm ehrwürdige Ausstrahlung! 


Ich ging die kleinen Treppen zwischen den Gräbern empor und lief Richtung Hauptschrein. Dieser stand auf einer säuberlich gemähten Wiese, umgeben von kleinen und großen Buddhastatuen. Ich blieb davor stehen und ließ mich in eine Ruhe fallen, in welcher ich bis zu meinem Innersten vordrang. Es war als würden sich tausend Arme um mich schließen und mir Kraft und Trost schenken. Aus der Ruhe erwachend, sah ich mich langsam um. Sah zum Wald hinauf und zu den kreisenden Vögeln. Dann entdeckte ich mitten im Dickicht ein rotes Leuchten, welches meine Aufmerksamkeit erweckte. Was das wohl war? Neugierig suchte ich mir einen Weg durch das unwegsame Gras und Gestrüpp, bis ich vor einem riesigen roten Tor stand. Es war mindestens 5 Meter hoch und so breit das 10 Menschen nebeneinander hindurch gepasst hätten. An den Sockeln war Moos gewachsen und den steinernen Weg der hindurch führte bedeckten Gras, Moos und Blätter. 

Auf den Berg hinauf gelangte man über eine steinerne Treppe, gesäumt von einem Geländer und Löwenstatuen. Am Ende der Treppe befand sich ein alter, wie es aussah seit Jahren unbenutzter Schrein. 


Seine Umgebung strahlte eine Mystik aus, welche unbeschreiblich ist. Es war als würde man in eine andere Zeit geholt. Wenn ich die Augen schloss, konnte ich mir das Treiben hier vorstellen. Priester, welche flink von a nach b huschten und sich um die Besucher kümmerten. Kinder welche mit ihren Eltern zusammen beten und die große Glocke zum Schwingen bringen, um die Götter anzurufen. Mädchen in Kimonos und andere wundersame Dinge. 
Nachdem ich den Schrein einmal umrundet hatte, verließ ich diesen wunderbaren Ort und kehrte ins Dorf zurück. Dort angekommen, wanderte ich durch die Straßen, bewunderte die emsigen Dorfbewohner und genoss das Gefühl des leichten Nieselregens auf meinem Gesicht. Ich lief von Straße zu Straße, bis ich schließlich am Hafen stand und den Fischern bei ihrem Treiben zusah. Nach einiger Zeit fiel mein Blick wieder auf den Berg und mir fiel ein, dass ich diesen ja noch erklimmen wollte. Gedacht, getan! Ich ging noch einmal über die Brücke und suchte mir einen Weg durch das Dickicht den Berg hinauf. 


Nach einiger Zeit tat sich vor mir ein von Tieren ausgetretener Pfand auf, welcher mir das Klettern erleichterte. Immer weiter und weiter den Berg hinauf. Zwischendurch hielt ich an, um wieder zu Atem zu kommen und die Bäume um mich herum wahrzunehmen. Dicke Bäume, kleine Bäume, verschlungene und gerade Bäume. 


Der Weg wurde, je weiter ich ging, immer unwegsamer und verlor sich bald in einem Dickicht aus Lianen und Bambus. 

Ich fand, dies war ein Zeichen umzukehren. Also machte ich mich wieder auf den Weg bergab. Nach einigen Schlitterpartien wieder unten angekommen, setzte ich mich auf die Klippen am Meer und sah zu, wie die Wellen auf dem Ozean tanzten, wie sie sich auftürmten, eine Gischt bildeten, brachen und wieder mit dem Ozean verschmolzen. 


Jede von ihnen war einzigartig und wunderschön. Doch sie alle waren Ozean und Meer. Jede Welle war ein Leben. Sie kam auf die Welt, erblühte und verschwand wieder. Das Rauschen des Meeres und das Brausen des Windes hatten etwas Beruhigendes an sich. Je länger ich auf den Felsen saß und auf das Wasser hinausschaute, desto ruhiger und gelassener wurde ich. Mein Geist wurde eins mit dem Meer und mit dem Wind. 
Da war nur noch Ruhe. 
Nach einiger Zeit, ich weiß nicht wie lange, stand ich auf und machte mich leicht fröstelnd auf den Rückweg. 

Es war gut gewesen das Zimmer zu verlassen und die Umgebung zu erkunden. Die Dinge, welche ich gesehen hatte, haben mir Kraft und ich konnte entspannt und klar in den Abend gehen. Langsam wurde es dunkel und als ich am Haus ankam, waren die Laternen angezündet und leuchteten mir den Weg. 

2 Kommentare:

  1. Was für eine schöne Geschichte! Wir freuen uns schon auf die nächste!
    Liebevoll, KaTiLe

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  2. Sehr schön geschrieben und immer mit den passenden Bildern untermalt ... äh ... nee, nich gemalt ... sondern fotografiert, hahaha. Ach, ich wieder. ;D
    LG
    Isa-chan

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