Von A nach B, von B nach C, von Familie zu Familie, von Stadt zu Stadt, einmal durch Japan

Wer sein Ziel kennt, findet seinen Weg. [Laotse]

Sonntag, 29. November 2015

Was ist Glück?

Kennt ihr das? 
Dieses Gefühl einfach glücklich zu sein? Mit dem jetzt und hier? 
Und doch kommt bei uns wilden Vögeln immer wieder der Wunsch nach dem Weiterfliegen auf. 
So geht es mir gerade. Ich bin rundum glücklich, doch ich möchte weiter. 
Mein jetziger Ort, meine jetzige Familie, beides ist einfach wundervoll. 
Doch seit ein paar Tagen packt mich immer wieder die Sehnsucht Neues zu sehen 
und neue Menschen kennen zu lernen!


Letztes Wochenende war ich, mal wieder, mit dem Rad in Ise unterwegs. Ich erkundete den Park mit angrenzendem Sportstadion und den Weg zum Hauptschrein von Ise. Wie ihr seht, kommt auch hier der Herbst langsam an. Im Sportstadion konnte ich das Training von einigen Kindern beobachten. Es war lustig zuzuschauen und zu wissen, hey, dass hast du in der Schule auch gemacht. Die Trainingsmethoden glichen denen in Deutschland und es sah aus, als würde es viel Spaß machen. 


Bei der weiteren Erkundung der Umgebung, entdeckte ich ein paar wundervolle Stellen entlang des Flusses. Mir begegnete mein erster Eisvogel und ich konnte beobachten, wie dieser einen kleinen Fisch fing. Es war einfach faszinierend, diese schöne, unberührte Natur zu beobachten.  


Hier in Japan wird gerade das Fest der 7-5-3 gefeiert. Hier in Japan heißt es 七-五-三 (shichi-go-san). Es ist kein Nationaler Feiertag, jedoch zelebrieren die Familien dieses Fest meist am darauffolgenden Wochenende. Bei diesem Fest werden die 3 und 7 jährigen Mädchen und die 3 und 5 jährigen Jungs geehrt und für den weiteren Lebensweg gesegnet. Die Kleinen werden wunderschön herausgeputzt und meist in traditionelle Kimonos gesteckt. Wunderhübsch! 


Vorgestern Abend (26.11.) war es an mir, draußen in einer großen Schale Feuer zu machen. Altes Holz musste verbrannt werden und ich durfte "Firekeeper" spielen. Es war faszinierend, diese heiße Macht zu beobachten und immer wieder zu testen, wie schnell sie das Holz verschlang. Schaut euch das Bild genau an und lasst eurer Fantasie freien Lauf, denn dann könnt ihr wunderschöne Bilder und interessante Wesen im Feuer entdecken. 


Gearbeitet wurde natürlich auch. Wir sind gerade dabei einen Weg und eine Feuerstelle zu bauen. 
Doch auch am Musikhaus wurde weiter gewerkelt. Hier seht ihr ein paar Prozessfotos.





Zum Abschluss noch ein kleines Shooting am 五十鈴川 (isuzugawa) dem Hauptfluss 
und ebenfalls heiligen Fluss in Ise. 



Sonntag, 22. November 2015

3 Monate Japan


Ich liege auf dem Rücken und schaue an die Decke. Viele kleine Lichter durchziehen den Raum in Form einer Kette und tauchen ihn in ein warmes, angenehmes Licht. Ein breites Grinsen macht sich auf meinem Gesicht breit und in meinem Bauch tanzen tausend Schmetterlinge. Ich glaube, ich bin verliebt und ja, ich habe mich in ein Land verliebt. In die Menschen, die Sprache und die Kultur. In das Lachen meiner neuen Freunde, in das Blau des japanischen Himmels und den Linksverkehr.
Musik durchflutet den Raum und mein Grinsen wird immer breiter. Ich bin zu Hause angekommen. Es ist kein Traum, es ist Realität. Und diese Gewissheit macht mich einfach überglücklich.
Ich bin nun schon ganze 3 Monate hier im Land der aufgehenden Sonne, doch ich fühle mich als wäre ich schon immer hier gewesen. Als wäre ich endlich da angekommen, wo ich hingehöre.
Ja, ihr habt richtig gehört. Ich bin da, wo ich hingehöre! 
In Japan.


In den nächsten beiden Bildern seht ihr eine Gegenüberstellung. 
Rechts, das Bild wurde vor ein paar Tagen aufgenommen und links, das Bild am Tag meiner Ankunft.

Hier folgt ein kleines Shooting mit meiner Handykamera. 
War gar nicht so einfach, aber es sind einige schöne Bilder dabei entstanden. 




Nun aber zu dem, was in den letzten Tagen so passiert ist. 
Mein absolutes Highlight war der Onsen-Besuch mit meiner Gastmutti. Onsen werden die heißen Quellen-Bäder genannt, welche es in ganz Japan gibt. Das besondere an diesem Bad ist, dass der Betreiber jeden Morgen frisches Wasser aus dem Meer holt. Einzigartig ist daran, dass dieses Wasser eine besonders reinigende Wirkung hat. Früher nahmen die Pilger, bevor sie die Schreine von Ise besuchten, ein Bad im Meer um sich zu reinigen. Da dies jedoch im Winter etwas schwierig ist, gibt es diesen speziellen Onsen. Er existiert seit über 100 Jahren und wurde vor 23 Jahren komplett saniert. 
Im linken Bild seht ihr die Ticketautomaten. Der Eintritt kostet 400 Yen, dies sind 3€ (rechtes Bild). 


Ein weiteres Highlight, war der Besuch der Meoto-Iwa, dass sind die verheirateten Felsen von Ise. Sie stellen die Urgötter Izanami und Izanagi dar. Laut der japanischen Geschichte haben sie Japan erschaffen und sind bis heute die Schutzgötter des Landes. Im weiteren Sinne stehen diese beiden Felsen ebenfalls für die Verbundenheit in der Ehe zwischen Mann und Frau. 



Die kleinen Holztäfelchen, welche ihr auf dem Bild oben links und in der Mitte links seht, sind so genannte Ema. Das sind Wunschtafeln, welche auf der leeren Seite beschrieben werden. Man wünscht sich hier meistens dieseitliche Wohltaten und ihr könnt euch denken, dass auch ich es nicht versäumt habe, eine zu beschreiben. 
Auf der unteren Bilderreihe könnt ihr v.l.n.r. die Neubetauung, die Felsen im Winter und den magischen Sonnenaufgang betrachten. Wenn man Glück hat und das Wetter extrem klar ist, kann man den Fuji-san zwischen den beiden Felsen sehen. 


Weiter ging es für mich zu einem wunderschönen, alten Ryokan, das sind traditionelle japanische Herbergen. Dieses hier, genannt: ひんじつかん (Hinjitsukan), wurde um 1887 fertiggestellt und beherbergt eine wunderschöne Ausstellung. Im unteren Bild, oben links, seht ihr einen riesigen Raumteiler. Auf ihn ist ein Heereszug des Kaisers gemalt und natürlich auch der Mt. Fuji, der darf nirgendwo fehlen. Im Bild unten recht, seht ihr die Kaiserfamilie und die Vertreter aus einigen Staaten. Sie sind für das Gleichgewicht der Diplomatie zuständig und stehen im Eingangsbereich des Ryokans


Auf dem Rückweg begegnete ich diesem wundervollen Ort. Am meisten hat mich der Baum fasziniert. Er ist komplett ausgehöhlt, steht aber trotzdem noch stark und unverrückbar. Er erinnerte mich sofort an den Film: "Mein Nachbar Totoro", in dem eine der beiden Hauptcharaktere, ein 4 jähriges Mädchen, durch Zufall in gerade so einen Baum durch eines der Löcher fällt und dort Totoro trifft. Jedoch musste ich mich mit diesem zauberhaften Anblick begnügen. Ohne Totoro. 


Jetzt fragt ihr euch bestimmt: "Man oh man, so viel Sightseeing, arbeitet das Mädel überhaupt?" 
Oh ja! Tue ich!! Und das nicht zu wenig. 

Das Haus, unten im Bild, kennt ihr bestimmt noch von meinen ersten Tagen hier. Es soll ein Musikhaus werden, da mein Gastvater und zwei seiner Freunde selbst Musik machen. Im Moment stehen die Instrumente und das ganze Zeug im Haupthaus, was natürlich mega unpraktisch ist, weil erstens alles voll steht und zweitens Koto-chan (die 1jährige Tochter) alles antatscht und herumschleift, was nicht niet- und nagelfest ist. Also, schnell mit dem Hausbau weiter kommen. 


Die Wände wurden als erstes mit einem Raster aus Bambusstäben über- und durchzogen. Es ist eine sehr aufwendige Knüpfarbeit, aber es macht Spaß, zumal man am Ende ein super Ergebnis sieht. 
Als nächstes wurde Lehm gestampft. Gemischt mit Reisstroh soll es später die Wände im Haus bilden. Der Vorteil von Lehm ist, dass er in Kombination mit dem Bambus in den Wänden sehr erdbebenstabil ist. Außerdem sorgt er für ein sehr gutes Raumklima und dafür, dass es in den Räumen trocken bleibt. Das ist sehr wichtig, da sich in diesem Haus ja später die Instrumente und Aufnahmegeräte befinden sollen.  


Nun wird der durchgezogene Lehm auf die Bambusgitter aufgebracht. Wie ihr seht eine lustige und kraftaufwendige Arbeit. Nichts für schwache Mädchen. XD 


Doch auch im Haus wird fleißig gewerkelt. Im unteren Bild bin ich gerade dabei ein Regal für die Holzkörbe zu bauen. Mit Erfolg wie man sehen kann. 


Und auch in der Küche helfe ich jeden Tag fleißig. Wenn Sayaka-san mal nicht zum Kochen kommt, weil Kotoha ihre Aufmerksamkeit beansprucht, übernehme ich das Mittagessen meistens und abends kocht Yoshiki-kun (einer der Helfer hier). Im unteren Bild seht ihr das klassische Gericht "Bunte Pfanne".


Ich freue mich schon riesig auf das, was alles noch kommt. Mit jedem Tag, den ich hier verbringe, verliert sich mein Herz mehr an dieses Land und ich möchte noch gar nicht an den Tag denken, wenn ich wieder zurück nach Deutschland muss. 
Doch jetzt genieße ich erst einmal noch die restlichen 6 Monate und halte euch weiter mit meinen Berichten auf dem Laufenden. In diesem Sinne: 

おやすみなさい みんあ・さん。

(Gute Nacht Freunde)


Montag, 16. November 2015

Der ganz normale Wahnsinn, ähh ich meine Alltag! :D

Um 7 Uhr klingelt mein Wecker zum ersten Mal. Ich schrecke hoch, schaue verschlafen auf die Uhr und wische den nervigen Ton aus. 'Noch ein paar Minuten' denke ich und kuschle mich noch einmal in meine warme Decke. Gefühlte 5 Minuten später wieder ein Klingeln - 7:30 Uhr. 'Na gut... Auf in einen neuen Tag'. Ich schlage die Decke zurück und krabble von meinem Futon zu meinem großen Fenster, um die Sturmläden aufzuschieben. Sofort blendet mich gleißendes Sonnenlicht und ich kneife die Augen zu. 'Viel zu hell!' denk ich, doch meine Augen gewöhnen sich schnell an die helle Sonne und erblicken einen wunderschönen blauen Himmel. Kleine weiße Wölkchen verleihen dem blau hübsche Kontraste. Ich schiebe auch noch das Glasfenster beiseite und der laue Morgenwind streicht mir über mein Gesicht. Schon jetzt merke ich, dass das wieder ein wunderbarer Tag werden wird. Gepackt von einem freudigen Gefühl, ziehe ich mich schnell an und hüpfe mit einem fröhlichen "Ohayo gozaimasu!" (jap. Guten Morgen) in die Küche. Dort werde ich von meiner Gastmutti Sayaka mit einem Lächeln begrüßt. "Yoku nemuri masu ka?" (jap. Hast du gut geschlafen?") fragt sie mich und ich antworte lächelnd "Hai, yoku namuri masu!" (jap. Ja, ich habe gut geschlafen.). Ich helfe ihr beim Frühstück anrichten. Als der Duft von frischem Kaffee, Tee und Brot durch das kleine Haus weht, werden auch die anderen Bewohner wach. Ko-chan läuft plappernd durch den Flur und Joshuki-kun und Hiro-san kommen verschlafen die Treppe herab.
Doch diese Schlaftrunkenheit ist spätestens nach einer Scheibe Brot mit Honig verschwunden. Alle lächeln, lachen und unterhalten sich. Ich merke, dass ich das Japanisch immer mehr verstehe und es mir leichter fällt, mich zu verständigen. Nach dem Frühstück räume ich fix die Teller zusammen und wasche das Geschirr ab. Danach beginnt der für mich schon fast normale Alltag. Ofen von der Asche des Abends befreien und für den nächsten vorbereiten. Mich nebenbei um Ko-chan kümmern, wenn nötig das Haus säubern und sonst draußen auf dem Feld helfen. Doch auch das Sightseeing soll nicht zu kurz kommen.


Da hat wohl jemand meine Frontkamera entdeckt! :D 





Bestes Wetter mit einer kleinen Auszeit genießen. 



Am Mittwoch wurde unsere Hilfe im Hostel benötigt, da alle Mitarbeiter krank waren! 







Und zur Belohnung gab es einen wundervollen Ausblick über Ise. Ich muss sagen, die Stadt ist nicht groß, vielleicht so wie Jena, aber trotzdem einfach wunderschön!! 






Zum Mittag heute mal etwas Deutsches: Kartoffelpuffer mit Apfelmus. Den Japanern hat es sehr gemundet und ich war froh, mal wieder etwas Deutsches zu essen. 



Dieses Gebäude habe ich auf meiner Radtour zur Post entdeckt. Was es ist? Keine Ahnung. Ich fand es einfach sehr schön anzusehen. 


Einmal Tori bitte. Dieses riesige Tor steht genau auf halber Stecke zwischen den zwei Hauptschreinen in Ise. Dem Geku (äußerer Schrein) und dem Naiku (innerer Schrein).


Wunderschöne Nebellandschaft. Wären da nur nicht die Autos, Straßen und Oberleitungen.


Was ist denn das? Sieht aus wie Ei, ist aber frittierter Tofu!! Sehr lecker! 



Diese Tofutaschen werden mit Reis gefüllt. Am Anfang etwas schwierig, aber nachdem ich den Dreh raus hatte, ging es einfach und schnell. 


Links die fertigen Sushitaschen und rechts eine kleine Stärkung auf dem Feld. 


Ja, diese Stärkung habe ich wirklich gebraucht!! 


Einmal Vogelperspektive. Hier die Küche von oben, mit der neu gebauten Kindersicherung vor dem Ofen. 



Musik ist Balsam für die Seele!
Gestern Abend durfte ich einem kleinen Konzert beiwohnen. Hier noch der Link zum Youtubekanal, damit ihr euch die Musik selbst anhören könnt.


In diesem Sinne wünsche ich euch eine Gute Nacht und freue mich schon, euch meine weiteren Erlebnisse mitteilen zu können.